Seit er sieben Jahre alt ist, geht er mit seinem Grossvater und Vater auf die Jagd. 20 Jahre später macht er aus seiner Leidenschaft seinen Beruf: Andreas Meury ist Jäger und Wildmetzger.
Es ist nicht einfach, Andreas Meury für ein Gespräch zu erreichen. Entweder ist er auf dem Ansitz, wo er aus naheliegenden Gründen nicht telefonieren kann, oder er ist in seiner Metzgerei und produziert Wildfleischspezialitäten für jeden Geschmack.
Das ganze Jahr im Revier
«Er habe ja die meiste Zeit im Jahr nichts zu tun?» frage ich ihn als Erstes. Meury klärt mich auf, dass im Baselbiet und im Elsass, wo er an Jagdrevieren beteiligt ist, die Revierjagd gilt und nicht wie in den grossen, bekannten Jagdgebieten im Bündnerland, Bernbiet und Wallis die Patentjagd. Der grosse Unterschied ist, dass ein Revierjäger sein Revier das ganze Jahr über pflegt und bewirtschaftet und nicht nur während einiger Wochen im Herbst, wie das die Patentjäger tun.
Aus diesem Grund hat er auch das ganze Jahr über Aufgaben in seinen Revieren zu erledigen und bietet als Ertrag dieser Arbeit ganzjährig einheimisches Wild an, das er in seiner Metzgerei verarbeitet.
BBQ mit gutem Gewissen
«Niemand will im Hochsommer einen Pfeffer essen», werfe ich ein. Meury nickt und erklärt, dass er in seiner Metzgerei Produkte anbietet, wie man sie in jeder anderen Metzgerei finden kann. Während der Grillsaison sind seine Bratwürste, Grillsteaks, Wienerli oder das Hackfleisch für saftige Burger gefragte Spezialitäten für alle, die verantwortungsvoll geniessen wollen.
Wem Herkunft, Handwerk und Tierwohl am Herzen liegen, ist mit dem Wildfleisch von hier wortwörtlich gut bedient. Da es in den höheren Lagen des Laufentals auch Gämse gibt, ist die Auswahl gross: Kunden haben die Wahl zwischen Wildschwein, Reh, Gämse und Hirsch aus den Vogesen. Hasen gibt es keine – obwohl das Jagdgesetz die Jagd auf Hasen erlaubt, haben sich die hiesigen Jäger darauf verständigt, keine Hasen zu erlegen.
«Wildschweine gibt es wohl im Überfluss?», möchte ich wissen. Tatsächlich gibt es mehr «Sauen», als den meisten Bauern lieb ist. Dennoch schiesst Meury kein Wildschwein, das keinen Schaden anrichtet. Als Jäger ist er auch Tierpfleger: Im Wald unterhält er mit seinen Jagdkollegen Futterstellen für die Wildschweine, damit diese sich nicht im Maisfeld bedienen. Es wäre ein Leichtes, die Tiere dort zu schiessen, aber das entspricht nicht seiner Philosophie. Nur wenn ein erwachsenes Wildschwein ständig im Maisfeld anzutreffen ist und auch Schreckschüsse zur Vergrämung nichts nützen, erlegt Meury das Tier. Viel häufiger verjagt er also die Tiere, als dass er sie erlegt.
Alleine auf dem Hochsitz
Ob er denn jedes einzelne Tier kenne, frage ich erstaunt. Selbstverständlich! Er kennt die meisten Tiere in seinen Revieren und kann so auch beurteilen, ob sie gesund sind oder ob ein krankes Tier die Population darstellt. Er nimmt sich schliesslich auch viel Zeit, die Tiere in seinem Revier zu beobachten. Im Gegensatz zur Treibjagd sitzt der Jäger bei der Ansitzjagd oft stundenlang auf dem Hochsitz und beobachtet sein Revier.
Bereits das Aufsitzen ist eine Kunst, die viel Verständnis für die Natur erfordert. Der Jäger muss sich gegen den Wind zu seinem Revier bewegen, denn wenn die Tiere «Wind von ihm bekommen», ziehen sie sich zurück. Vor allem «das Einssein mit der Natur» ist einer der Gründe, weshalb Meury schon als Kind ständig auf der Pirsch war. Mit 15 Jahren hatte er das Jagdpatent für das Elsass und mit 18 Jahren auch für das Revier beim Blauen.
Hochsaison Herbst
Ab September gibt es kaum ein Restaurant mit lokaler Küche, das nicht Pfeffer oder andere Wildspezialitäten anbietet. Wie er denn Pfeffer zubereitet, möchte ich wissen. «Mit schwarzer Schokolade», ist die verblüffende Antwort. Das Eindunkeln und Binden der Sauce mit Blut wäre zwar das Originalrezept, aber die Haltbarkeit der Sauce mit Blut ist sehr beschränkt.
Und seine Empfehlung für Geniesser, die den unverfälschten Geschmack suchen? Ein Wild-Chinoise ist die Empfehlung des enthusiastischen Jägers – mit Reh, Hirsch, Gämse und Wildschwein von hier. Apropos «hier»: Nur rund 30 % des in der Schweiz konsumierten Wildfleisches stammt aus der Schweiz, die restlichen 70 % kommen meist aus Osteuropa.
Und die Mähr vom «Wildgeschmack»? Längst widerlegt: Einen leicht strengen Geschmack nahm das Fleisch früher an, als der Jäger das Tier erst zwei oder drei Tage nach der Jagd verarbeitet hat. Meury erledigt das in seiner Metzgerei noch am selben Morgen, selbst wenn er zuvor die halbe Nacht auf dem Hochsitz gesessen hat und seine Freundin zuhause mit dem Zmorge wartet.
Wildpfeffer mit dunkler Schokolade
Wer nicht so viel Geduld wie Andreas Meury hat, und den Pfeffer nicht mehrere Tage beizen will, der kann die schnellere Version probieren.
Zutaten:
- 1 kg Wildfleisch (Hirsch, Reh oder Wildschwein), in Würfel geschnitten
- 2 Zwiebeln, fein gehackt
- 2 Karotten, in Scheiben geschnitten
- 1 Stange Sellerie, in Stücke geschnitten
- 2 Knoblauchzehen, gehackt
- 250 ml Rotwein
- 500 ml Wildfond
- 2 EL Tomatenmark
- 4 Wacholderbeeren
- 2 Lorbeerblätter
- 1 TL Pimentkörner
- Salz und Pfeffer nach Geschmack
- 2 EL dunkle Schokolade (mindestens 70 % Kakaoanteil)
- 2 EL Butter oder Öl zum Anbraten
- Frische Petersilie zum Garnieren
Zubereitung:
- Das Wildfleisch in einem grossen Topf mit Butter oder Öl scharf anbraten, bis es von allen Seiten gebräunt ist. Herausnehmen und beiseitestellen.
- Im selben Topf die Zwiebeln, Karotten, Sellerie und Knoblauch anbraten, bis sie weich sind.
- Das Tomatenmark hinzufügen und kurz mitrösten, dann mit dem Rotwein ablöschen.
- Den Wildfond, die Wacholderbeeren, Lorbeerblätter und Pimentkörner hinzugeben. Das Fleisch wieder in den Topf geben und alles zum Kochen bringen.
- Die Hitze reduzieren und den Pfeffer bei niedriger Temperatur etwa 2 Stunden köcheln lassen, bis das Fleisch zart ist.
- Zum Schluss die dunkle Schokolade in der Sauce schmelzen lassen und gut umrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Mit frischer Petersilie garnieren und mit Spätzli und Rotkraut servieren.