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Sauteuer – Oder was kostet eine Wildsau?

Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich wüsste, warum es in der Schweiz so schwer ist, Wildschweinfleisch zu bekommen. Man lese doch allenthalben, dass es zu viele Wildschweine gäbe, dass gerade in der Nordwestschweiz diese Plage – ähnlich wie die Räuber – über die grüne Grenze aus dem Elsass kommen und sich die Sauen nach ihren Beutezügen mit vollem Ranzen wieder aus dem wortwörtlichen Staub machen. Und wenn man dann mal Wildschwein kaufen könne, sei es richtig teuer.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass uns unser Essen nicht genug gut und teuer sei kann. Wer sich ein bisschen damit beschäftigt, wie billiges Essen «gemacht wird», der wird sich in Zukunft vielleicht zwei Mal überlegen, ob er wirklich das billigste seinem Körper zuführen will oder ob dieser nicht etwas Besseres verdient hat. Damit ist natürlich nicht in erster Line das Filetstück gemeint, sondern Nahrungsmittel, die von hier kommen, jetzt Saison haben und ohne unverhältnismässigen Ressourceneinsatz produziert werden. Dass einem da freilebende Wildtiere in den Sinn kommen, liegt auf der Hand.

Da ich zwar weiss, wie man das Fleisch einer Wildsau zubereiten kann, aber nicht, was es braucht, um eine zu erlegen, habe ich mich mit Roger Zogg bei ein paar Gläsern Wein und Rädli Jagdwurst darüber unterhalten. Zogg ist eigentlich Architekt und war bis vor Kurzem vor allem Bauherren ein Begriff. Gastronomen und Geniessern ist er neuerdings auch als passionierter Jäger und Produzent von Wilddelikatessen bekannt. Passionierter Jäger sein heisst allerdings nicht, mit dem Geländewagen in den Wald zu fahren und mit dem grössten Gewehr auf alles zu schiessen, was sich auf vier Beinen bewegt. Jäger zu sein heisst zuerst einmal den Lebensraum der Wildtiere und die Artenvielfalt zu erhalten. Dazu gehören auch das Beobachten, Zählen und Erfassen der Tierbestände oder das Retten von Jungtieren während der Mäh- und Erntezeit. Ausserdem betreibt der Jäger Forst- und Flurpflege, schneidet, rodet und mäht, wo es sein muss.

Ein «natürliches» Gleichgewicht in freier Wildbahn gibt es in Kulturlandschaften wie der Schweiz nicht mehr. Artenschutz bedeutet deshalb auch, dass die Wildtierbestände von Jägern in ökologisch tragbaren und sinnvollen Grenzen gehalten werden.

Gerade die Wildschweine sind jedoch prinzipiell schwierig zu erlegende Tiere, da sie äusserst schlau und vorwiegend nachtaktiv sind. Es kann also durchaus sein, dass man mit 85 Stunden Ansitz rechnen muss, um nur eine einzige Sau zu erlegen.

Wildschweinfleisch ist aber sehr schmackhaft und eignet sich sehr gut für den Genuss. Allerdings ist dessen Verarbeitung und Handel etwas aufwändiger, da die Sau als Allesfresser nach der Schlachtung einer Trichinenschau durch einen amtlichen Tierarzt bedarf. Ausserdem ist der Wildschweinhandel hierzulande noch nicht breit etabliert, da die Nachfrage (bisher) nicht so gross ist.

Die wertvolle Arbeit der Jäger wird hauptsächlich durch den Ertrag des Fleisches finanziert. Auch hier weiss Roger Zogg, von was er spricht. Mit dem Projekt Wilde 13 verkauft er das Fleisch an Menschen, welche auf der Suche nach ursprünglichem Genuss sind. «Ich kann nur sagen, dass es oftmals auch bei uns heisst, unser Fleisch sei ‹teuer›. Wenn man dann aber erklärt, was alles dahintersteckt, bis das Fleisch auf dem Tisch ist und was auch die Qualitätsunterschiede ausmachen, ist das Preisthema oft gleich ‹gegessen›».

Wer wie Zogg die Tiere erstmal in der freien Wildbahn erlegt, ausgenommen und ein paar Stunden den Berg runtergebuckelt hat, legt Wert darauf, dass der Aufwand nicht vergebens ist. Daher wird das Fleisch immer zuerst ein paar Tage in der Kühlkammer abgehängt und gereift, bevor es beim Metzger zu Würsten und Trockenfleisch verarbeitet wird.

Wer immer noch denkt, Wildsau müsste aber billig und nicht nur günstig sein, darf Roger Zogg gerne auf der nächsten Pirsch begleiten.

Sollten Sie zu frischem Wildscheinfleisch kommen und haben Lust auf den unverfälschten Geschmack, versuchen Sie ein Wildschwein-Tartare: das Fleisch von Hand in kleinste Stücke schneiden und nach Geschmack würzen. Wenn Sie dem Umami-Geschmack des Fleisches noch zusätzlich betonen wollen, verwenden Sie auf ein halbes Kilo Fleisch einen knappen Esslöffel Misopaste. Ist Ihnen das zu wild, bestellen Sie bei Roger Zogg auf www.wildedreizehn.com das Probierset für Eingefleischte.

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Tom Wiederkehr
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