Heute hatte ich eine halbe Stunde Zeit zwischen zwei Terminen und war wieder mal auf dem Boulevard der Selbstverliebten (auch bekannt als LinkedIn) unterwegs. Das sollte man öfters tun! Dort weiss jeder genau, wie die Welt funktioniert, wie man garantiert – aber wirklich garantiert – erfolgreich wird und wie man selber bald zum #Gamechanger, #Disruptor oder #ThoughtLeader avanciert.
Zuerst hat mir Ivan Spataro unter einem Foto von sich selbst – er präsentiert sich als smarter Content Creator und Agenturinhaber – erklärt, dass #SocialMediaMarketing kinderleicht ist: Die Masse macht's, meinte er, und Content kann man einfach «copy & pasten». Warum selber kreativ sein, wenn es bei anderen schon funktioniert hat? Ich hätte ihn gerne auf LinkedIn in diesem Beitrag getaggt, aber er hat mich blockiert, als ich gefragt habe, ob es also okay sei, wenn ich sein schönes Foto kopiere.
Danach hat mir Yaël Meier zu wichtigen Erkenntnissen verholfen. Die sogenannte «Erklärerin der Generation Z» klärt mich in einen Post darüber auf, dass ein Maxiposter von adidas zur Fussball-EM ein totaler «Fauxpas» ist. (Adidas hat wohl wirklich wenig Ahnung von Marketing.) Statt die rund 66'000 Franken, die das Poster bei APG|SGA AG gekostet haben soll, hätte man auf Tiktok mehrere A/B-Videos testen und dann die «Menschen, die sich interessiert zeigen, mit weiteren Ads bespielen» sollen.
Es folgte eine längere Diskussion darüber, warum Marketinggelder zu Social Ads «geshifted» werden müssen und warum alles Analoge total falsch ist. Yaël Meier klärt mich auch darüber auf, warum sie so erfolgreich ist: Sie hat schon über 50 Projekte realisiert, bei denen sie «Kundenstamm oder die Belegschaft verjüngt» hat. Als ich kommentierte, dass ich froh bin, selbstständig zu sein und nicht zu einer «Belegschaft» gehöre, die verjüngt werden kann, schrieb mir ein Freund, dass ich ein «old man» sei. Da hat er völlig recht.
Ich bin altmodisch. Ich mag Bücher und schöne Magazine. Ich finde, ein Marketingfranken ist besser investiert, wenn er hier ausgegeben wird, statt auf einer chinesischen App. Ich finde, Social Media konnte sich noch «social» nennen, als man auf Augenhöhe miteinander kommunizierte und Unternehmen darin die Chance sahen, direkt mit ihren Kunden zu sprechen. Ich finde es nicht lustig, ständig mit «Ads bespielt» zu werden. Ich möchte nicht von Yaël Meier verjüngt werden. Und – stellt euch das mal vor! – ich kaufe nicht auf Temu und Wish ein. Dort, wo die ganze #GenerationZ ihr Geld ausgibt, nachdem sie oft genug mit Ads bespielt wurde.
Ebenfalls gelernt habe ich heute, dass diese wichtigen #Influencer ihre bedeutenden Beiträge – egal zu welchem Thema – immer mit einem Foto von sich selbst ergänzen. Das mache ich jetzt auch. Ihr seht hier einen «Grumpy old man».
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